Freitag, 29. Februar 2008

Speeddating

Bis Mitte März benötige ich 15 zusätzliche Mitarbeiter direkt von der Uni. In Deutschland würde man assessment center mit Vorgesprächen und vielen Beobachtern organisieren, ein riesiger Aufwand. Zum Glück geht das hier etwas einfacher: Auf meine Frage kam die Antwort "Kein Problem, am Freitag kommen die ersten 25 Kandidaten."

Die Lebensläufe habe ich mir kurz durchgesehen, aber was soll ich mit Aussagen wie "To take the nation to a new height with the use of technology" (vielleicht ein Kandidat für das nationale Atomwaffenprogramm?), "I believe that all true solutions are inherently beautiful and this lure motivates a person to solve a problem. I want to unveil the beauty to the world." (schön ist es auf der Welt zu sein, sagt die Biene zu dem Stachelschwein…) oder "Quest to work in a professional atmosphere, which will help me to impart knowledge about the latest technologies in the world of information by virtue of sincerity and dedication"(Hääh??). Wichtig sind auch die Fakten wie "Father: reputable trader, Mother: wonderful housewife".

Und so kamen dann heute die Ravinders, Harminders, Rashmis, Puneets, Sachis, Ravis und Mansis zu mir, im Viertelstundentakt: hoffnungsfroh, nervös, häufig erstaunt über ihr blondes Gegenüber und erzählten mir über Ihre Diplomarbeiten (ich weiß jetzt Alles über Mikroprozessoren zur Steuerung von Robotern, Alarmanlagen und selbstfahrenden Transportwagen) oder über die GSM Systemarchitektur, alles natürlich auf Hinglisch. Acht von 25 dürfen in zwei Wochen wiederkommen, am Montag kommen noch einmal 25 Kandidaten.



Warum sollte man bei der Auswahl von Mitarbeitern mehr Aufwand betreiben als bei der Partnerwahl, da reichen auch fünf Minuten beim Speeddating?

Mittwoch, 20. Februar 2008

Frischeregal

Eines der Themen über die man in Indien nicht spricht ist der Tod – niemand „stirbt“ hier. Letzte Woche bekam ich die Nachricht von einem Mitarbeiter sein Großvater sei „expired“: „abgelaufen“ wie eine TÜV Plakette, „verfallen“ wie ein Joghurt der nach Ablauf der Mindesthaltbarkeit aus dem Frischeregal des Lebens entfernt wird…

Freitag, 15. Februar 2008

Schale Reis

Er ist da, mein Arbeitsvertrag! Kurz nach der Unterschrift kam auch schon eine zweite Version…

Im Gegensatz zu deutschen Postvorständen interessiere ich mich im Moment eher für das indische Steuerrecht. Auf den ersten Blick sehr einfach mit drei Steuerklassen (10%-20%-30%) Für Frauen deutlich günstiger als für Männer - solange man nicht in der Spitzenklasse landet. Die erste Aufregung über diese "Benachteiligung" hat sich aber bei mir wieder schnell gelegt. Der Spitzensteuersatz fängt bei 250.001 Rupien an, das sind ~4300€ - im Jahr! Bei mehr als 1.000.000 Rupien schlägt dann sogar eine "Reichensteuer" zu mit 33,99%. Wer hätte gedacht, daß man mit 17.000€ im Jahr als reich gilt? Trotz des geringeren Spitzensteuersatzes ist der effektive indische Steuersatz für mich sehr nahe an meinem deutschen Steuersatz.

Hier zum Nachlesen:
Income Tax
Rates
------------------------------------------+------------
Up to Rs 110,000 (male) NIL
Up to Rs 145,000 (resident female)
Up to Rs. 195,000 (resident senior
citizens)
------------------------------------------+------------
Rs. 110,001 to Rs. 150,000 (male) 10%
Rs. 145,001 to Rs 150,000 (resident
female)
------------------------------------------+------------
Rs. 150,001 to Rs. 250,000 (male & 20%
female)
Rs. 195,001 to Rs. 250,000 (resident
senior citizens) |
------------------------------------------+------------
Above Rs. 250,001 30%

Aber keine Sorge, mein Nettogehalt wird wohl doch noch für ein oder zwei Schalen Reis am Tag reichen ;-)

Sonntag, 10. Februar 2008

Wochenende

Wochenende in Delhi. Noch wohne ich im Hotel (nein, der Arbeitsvertrag ist immer noch nicht fertig), also was tun? Luftpolsterfolie auf dem Internet zerdrücken? Oder doch lieber Delhi erkunden? Erstes Ziel: Khan Market im Süden Delhis, hier trifft sich die Expat community - denn: Hier gibt es Käse, Salami und europäische Zeitungen. Der Parkplatz ist voll mit gehobenen Mittelklasselimousinen, in denen die Fahrer ein Nickerchen halten während die Expatfamilie ihre Einkäufe erledigt.

Zwischenstation am Connaught Place, junge Paare verbringen den Nachmittag in der Sonne.


Weiterfahrt mit der Metro nach Alt-Delhi. Beim Versuch ein Foto in der Station zu machen ("Do not chew Beetlenut or Chewinggum") steht sofort ein Soldat neben mir: "No pictures, Sir. Please delete." Na gut, bevor mir mein Arbeitsvisum wegen eines Fotos verweigert wird…

Alt-Delhi ist … indisch. Hupende Motorräder, stinkende Müllhaufen, brutzelnde Garküchen, leuchtende Saris, klingelnde Fahrradrikschas, meckernde Ziegen und alles in engen Gassen. Am besten vorbeikommen und selber erkunden!


Hier klicken für die Bilderschau.

Samstag, 9. Februar 2008

Andere Länder, andere Hautcrèmes

Produkte aus der Heimat. Heute: Nivea. Allerdings scheint es ein paar Unterschiede in der Käuferpräferenz zu geben.
Hier die deutsche Nivea page, zum Vergleich die indische Nivea page . Offensichtlich verkaufen sich Selbstbräungscrèmes nicht besonders gut in Indien …

Sonntag, 3. Februar 2008

Suche 3ZKDB

... ca. 80-100m², verkehrsgünstig gelegen, Gurgaon, Indien."

Gibt es so etwas überhaupt, in einem Land in dem mehrere 100 Millionen Menschen in Lehmhütten hausen? Nein, nicht wirklich - solche Kleinstwohnungen sind nicht üblich...

Wohnungen mit westlichem Standard haben mindestens 200 (indische) Quadratmeter, vier Schlafzimmer (jedes mit Bad) - und einen Staffroom für das Dienstmädchen! Wer es nicht glaubt:



Und dann gibt es noch ein paar Ausstattungsmerkmale, auf die ich in Deutschland bisher nicht geachtet habe: Welche Leistung hat das Notstromaggregat? Ist das Gebäude erdbebensicher? Ist die Klimaanlage schon installiert oder muß man sich selber darum kümmern? Wie groß ist der Pool?



Die Küchenschränke gehören zur Ausstattung, und es gibt jede Menge Einbauschränke. Die Mietpreise bewegen sich dann zwischen 1000 und 1500 Euro, der Ausblick auf die Hütten der weniger Glücklichen ist inbegriffen. Ein paar Schritte trennen Elend und Luxus. Drastischer kann man den eigenen Wohlstand nicht erfahren.



Die Wohnungen gehören in der Regel gutverdienenden Einheimischen, die die Wohnungen zur Kapitalanlage erworben haben und an andere gutverdienende Einheimische vermieten - oder eben an Expats wie mich.

Die Architektur ist, nun ja, gewöhnungbedürftig. Eine Mischung aus Gotik und Legoland...



Ein paar Wochen bleiben noch, ein Mietvertrag scheint kein Problem zu sein. Der Arbeitsvertrag lässt weiter auf sich warten...