Sonntag, 1. Juni 2008

Gujjar Bandh

Indien schickt Satelliten in den Weltraum, entwickelt Software für Microsoft und Oracle und hat sein eigenes Formel 1 Team. Gleichzeitig kämpft Indien aber immer noch mit dem jahrtausende alten Kastensystem. Hochzeiten über Kastengrenzen hinweg sind immer noch die Ausnahme, der Anteil von "niederen" Kasten (oder "Communities") an wichtigen Positionen in Wirtschaft und Regierung ist immer noch deutlich geringer als ihr Bevölkerungsanteil.

Um die Chancen dieser Communities zu verbessern, gibt es schon seit mehreren Jahrzehnten eine Quotenregelung für Regierungspositionen und Zugang zu den Universitäten ("Reservations"). Communities, die zu den Scheduled Tribes (ST) oder Other Backward Communities (OBC) gehören, kommen auch ohne besondere Qualifikation an gehobene Regierungspositionen oder Studienplätze. Entsprechend begehrt ist die Klassifizierung als ST oder OBC, inzwischen gehören mehr als 24% der indischen Bevölkerung einer der beiden Klassen an.

Im Moment versuchen die Gujjar aus Rajastan sich einen Status als ST zu sichern. Die Gujjar sind traditionell im Milchhandel tätig, einige von ihnen leben noch als Nomaden. Lange Diskussionen mit der Regierung haben bisher keinen Erfolg gehabt, deshalb haben die Gujjar diese Woche einen Bandh ausgerufen: Dabei kommt das öffentliche Leben weitgehend zum Stillstand, Straßen und Eisenbahnen werden blockiert und die meisten Geschäfte schließen vorbeugend.

So kamen wir zu einem ungeplanten freien Tag am Donnerstag, wegen der erwarteten Behinderungen haben die meisten Firmen komplett geschlossen. Nicht ganz ohne Grund: Bisher kamen bei den Unruhen in Rajastan 40 Menschen ums Leben, der Polizeiminister musste zurücktreten. Hier geht es zu den Nachrichten: Zeitungsartikel

Man stelle sich nur vor, in Deutschland würden die Milchbauern streiken - was für eine abstruse Idee...

2 Kommentare:

Christoph hat gesagt…

Nun - sie taten es tatsächlich letztens. Hörte ich in den Nachrichten. Es gab auch Befürchtungen zu einem Milchengpass... Hab allerdings nix weiter davon mitbekommen.
Regierungsposten... hmm... - reicht es, wenn der Vater auf dem Bauernhof aufgewachsen ist...?

B-Olly-wood hat gesagt…

...ich bin mir nicht sicher ob Du Dich wirklich auf einen indischen Regierungsposten für 300€ im Monat bewerben möchtest...